
Was bisher geschah - eine Geburtstagsreflexion
Alles fing an mit einer kleinen Projektarbeit in meiner 7. Klasse. Obwohl, das stimmt eigentlich nicht. Es fängt immer schon viel früher an. Es fängt schon damit an, wie wir aufwachsen, welche Erfahrungen wir selbst in der Schule als Schüler:in machen, für welchen Beruf wir uns danach entscheiden. Es ist eine Kette von Ereignissen, die man meistens erst mit Abstand erkennt und versteht.
Wenn ich nicht selbst schon als Schülerin diese schreckliche Ohnmacht gespürt hätte, hätte ich wahrscheinlich auch nie das Bedürfnis entwickelt, Schule anders zu gestalten. Wenn ich nicht nach dem Referendariat schwanger geworden und in Elternzeit gegangen wäre, hätte ich mich vielleicht nie so intensiv mit alternativen Konzepten beschäftigt, sogar mit einer Freundin herumgesponnen, eine eigene Schule gründen zu wollen – weil dafür gar nicht die Zeit gewesen wäre.
Als ich mich auf Schulsuche begab, war mir so bereits völlig klar: Ich werde nicht an einer Regelschule unterrichten können. Also habe ich mich gegen Gehalt und für Freiheiten entschieden. Und diese Freiheiten habe ich ausgiebig genutzt. Ich habe ausprobiert und wieder verworfen. Ich habe gezweifelt und wieder neue Zuversicht gewonnen. Ich bin an meine Grenzen gestoßen und wurde von unglaublich inspirierenden Menschen wieder aufgefangen.
Irgendwann kam dann die Idee, meinen Weg auf Instagram zu teilen, mich mit anderen zu vernetzen, die ähnliche Wege gehen wollen, gegenseitige Bestärkung und Inspiration zu finden. Ich hatte kein wirkliches Ziel, denn mein Fokus lag immer auf der Schule. Dann zog ich nach Spanien, um an einer Auslandsschule zu unterrichten – zwei Jahre Tapetenwechsel, dann wieder zurück nach Deutschland. So der Plan.
Vier Monate arbeitete ich an dieser Schule – ein Gymnasium. Nette Schüler:innen, ein schöner Campus. Ich erlebte das erste Mal, wie es ist, wenn man tatsächlich Frontalunterricht abhalten kann und es sogar von den Schüler:innen eingefordert wird, weil sie nichts anderes kennen. Für mich war es ein befremdliches Gefühl. Und ich merkte schnell: Hier passe ich nicht rein.
Mein Herz schlägt für andere Inhalte, für ein anderes Arbeiten, für mehr Beziehung und weniger „Leistungsdenken“. Also ging ich. Und beschloss, mein Herz in Form von „Lebensort Schule“ in die Welt zu tragen.
In den letzten beiden Jahren sind neun Projekthefte und ein Praxisheft zur Durchführung von Projektarbeit entstanden. Ich habe eine eigene Website aufgebaut und versuche immer mehr Menschen zu erreichen, die eine ähnliche Vision von Schule haben wie ich. Es ist ein Auf und Ab, auch bei dieser Arbeit zweifle ich immer wieder, ob meine Inhalte nicht doch noch zu weit weg sind vom Status Quo. Doch es gibt einiges, das mich immer weiter vorantreibt: Menschen, die mich bestärken und Wertschätzung für meine Arbeit ausdrücken. Eine intrinsische Motivation, die ich so noch nie gespürt habe: Weil ich zu 100% nur noch tue, was ich selbst für sinnvoll und wichtig halte (na gut, Steuerkram mal ausgenommen).
Ich wünsche mir so sehr, dass Schüler:innen dieses Gefühl der Selbstbestimmung in der Schule spüren dürfen. Deshalb mache ich weiter. Denn jedes verkaufte Projektheft bedeutet 25 Schüler:innen, die ein kleines bisschen mehr Selbstbestimmung erleben dürfen.